Ich hab mich lange vor diesem Tag gefürchtet. Und plötzlich war er da, fast ohne Vorwarnung. Abschied.
Die Nacht war schlaflos. Das Schlimmste war, ansehen zu müssen, wie die Lebenskraft einfach verschwand und eine bleierne Schwere blieb. Am Morgen war klar – es geht nur noch in eine Richtung, in den Tod.
Ich hab sie ins Auto geladen, an unserer Spazierstrecke gehalten, Abschied genommen und danach zum Tierarzt gebracht. Ich war dabei bis zum letzten Atemzug und hab sie im Garten begraben. Ich hab meinen Hund wohl mehr geliebt als jeden Menschen…
Trotzdem hat mich die Wucht der Trauer überrascht. Alles erschien grau, leer und öde. Dabei hab ich in den letzten fünf Jahren mehrere Trauerfälle gehabt, die mir echt nahe gingen.
Anni’s Tod hat alles getopt – leider.
Ich hab verstanden, dass es Situationen gibt, in denen man am liebsten nicht mehr fühlen will, weil es zu weh tut. Also hab ich mich für die Alternative entschieden. Ich bin wie ein Zombie durch die Gegend gelaufen, war nicht mehr traurig dafür taub, und ich hatte plötzlich Angstattacken. Mein Kopf machte, was er wollte, präsentierte mir Schreckensszenarien, die überhaupt nichts mit der Realität zu tun hatten, auch wenn es sich so anfühlte. Angestaute Gefühle, insbesondere starke Gefühle gehen halt nicht einfach weg. Sie finden eine anderen Weg sich bemerkbar zu machen. Hätte ich eigentlich wissen müssen. Ist es doch genau das, was ich meinen Patienten versuche beizubringen.
Drei Tage in intensiver Angst haben mich weichgekochtt. Ich war bereit das mit dem Gefühl noch mal zu versuchen. Am Ende hab mich bewusst für die Tränen und die Trauer entschieden. Die Aufgaben und Arbeiten zu Hause blieben liegen – so what. Die Welt hat sich trotzdem weitergedreht. Die Tränen kamen irgendwann seltener. Und nach ein paar Wochen konnte ich zurückschauen ruhig und dankbar für die gemeinsame Zeit.
Seit ich Anni hatte, war ich nicht mehr an der Ostsee. Jetzt hat mein Innenleben gesagt, dass ich da unbedingt hin muss. Ich hatte keine Ahnung warum, aber ich bin gefahren. Als ich ankam, war klar es ging um Abschluss und Ende einer Periode in meinem Leben. Für drei Tage kein WLAN, kein Telefon, spazieren gehen, Fahrrad fahren, einfach nur sein.
Früher hatte ich keinen Plan, was so dran ist in meinem Leben. Ich hab immer alles gemacht ohne zu spüren, dass viele Dinge einfach noch nicht ausgereift sind. Das hat irre viel Kraft gekostet und wenig gebracht. Es war wie gegen Windmühlen zu kämpfen.
Da kam der Satz „Es darf gewesen sein“. Ich war komplett und in Frieden mit meiner Vergangenheit.
Jetzt darf was Neues Kommen.
Einfach mal anhalten, nachspüren und ausatmen!